Schlaganfall: Sind weniger Kliniken sinnvoll?

Die aktuelle Diskussion darüber, ob Kliniken und Krankenhäuser geschlossen werden sollen, ist auch für Schlaganfall-Betroffene relevant. Denn gerade bei einem akuten Notfall, zählt nicht nur jede Sekunde, sondern vor allem auch die richtige Behandlung. Und genau die kann in den meisten Fällen eine spezialisierte Klinik oder zumindest eine speziell eingerichtete Stroke Unit am besten leisten. Stellt sich also die Frage, ob eine Verringerung der Kliniken schlussendlich für die Betreuung der Patienten Vorteile haben könnte. Die Übersicht:

Weniger Kliniken = bessere Versorgung?

Stroke Unit bei Schlaganfall
Bei einem Schlaganfall ist schnelle Hilfe gefragt – Stroke Units sind genau hierauf spezialisiert.

Die Landesärztekammer Baden-Württemberg meldet, dass pro Jahr ungefähr 250.000 Menschen einen Schlaganfall erleiden. Gerade bei einem akuten Schlaganfall ist es essenziell wichtig, dass die Patienten innerhalb weniger Stunden die korrekte Behandlung erfahren.

Innerhalb der ersten Stunden nach einem Infarkt im Gehirn gehen viele wichtige Funktionen verloren – und zwar unwiederbringlich. Patienten, die einen Schlaganfall erlitten haben, sind daher in speziell dafür eingerichteten Institutionen am besten aufgehoben. Denn hier finden sich auch die Spezialisten, die genau wissen, was zu tun ist, um die Folgen eines Schlaganfalls möglichst gering zu halten.

Stroke Units garantieren beste Versorgung bei einem Schlaganfall

In sogenannten Stroke Units sind Fachärzte und -ärztinnen versammelt, die genau wissen, was im Falle eines Schlaganfalls zu tun ist.

Bei einer Behandlung in einer kleinen Klinik oder einem kleinen Krankenhaus kann die spezielle Behandlung, die Patienten nach einem Schlaganfall benötigen, nicht immer gewährleistet werden.

Zu der umfassenden Behandlung gehört nämlich in erster Linie die korrekte Diagnostik, die in speziell dafür ausgebildeten Stroke Units folgendermaßen erfolgt:

  • Untersuchung bei einem speziell dafür ausgebildeten Neurologen
  • Durchführung einer Computertomografie (CT) wenn sich der Verdacht auf einen Schlaganfall erhärtet
  • Statt eines CTs wird in Stroke Units auch eine Kernspintomografie angeordnet

Gerade durch den letzten Schritt können Neurologen die wichtige Unterscheidung zwischen einem Schlaganfall und einer Gehirnblutung treffen. Dafür ist jedoch das passende Untersuchungsgerät wichtig. Und genau das fehlt häufig in kleineren Krankenhäusern, die dafür meist nicht die finanziellen Mittel haben.

Kurzum, die wichtige Regel bei einem Schlaganfall „Zeit ist Hirn“ können gerade größere Kliniken eher gerecht werden, als kleinere, weniger spezialisierte Krankenhäuser.

Studie: Weniger Krankenhäuser können bessere Versorgung sichern

Nicht nur für Patienten mit einem Schlaganfall könnte die Schließung kleinerer Krankenhäuser damit eine bessere Versorgung garantieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung, die von dem Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) durchgeführt wurde.

Die Argumentation der Studienautoren ist dabei einleuchtend: Kleineren Krankenhäusern fehlen häufig die finanziellen Mittel, um sich eine gute Ausstattung mit hochwertigen Geräten leisten zu können. Das führt zu den oben angesprochenen Problemen, die sich allerdings nicht nur auf Patienten mit einem Schlaganfall, sondern ebenso gut auf Patienten mit anderen akut lebensbedrohlichen Erkrankungen (beispielsweise mit einem Herzinfarkt) übertragen lassen.

Studie zu Schließung von Krankenhäusern: Erreichbarkeit darf nicht alleiniges Kriterium sein

Das IGES kommt zu dem Ergebnis, dass Kliniken nicht nur nach der Erreichbarkeit bewertet werden dürfen. Gerade viele Patienten führen die Erreichbarkeit nämlich als Argument an, kleinere Kliniken und Krankenhäuser in der Umgebung nicht zu schließen.

Ohne Frage bekommen Patienten bei einem nahegelegenen Krankenhaus schneller die wichtige Behandlung. Ob diese jedoch auch die bestmögliche Behandlung ist, bleibt in den meisten Fällen dahingestellt – so jedenfalls die Ergebnisse der Studie.

Vor allem in kleineren Krankenhäusern fehlt beispielsweise eine Rund-um-die-Uhr Betreuung durch einen Facharzt, der bei einem Schlaganfall oder Herzinfarkt sofort die richtige (und so wichtige) Diagnose stellen kann.

Selbst wenn der Weg ins Krankenhaus einige Minuten kürzer ist, als in eine spezialisierte Klinik, bedeutet das daher noch lange nicht, dass die Versorgung auch besser ist. Im Gegenteil. Eine Anfahrt, die einige Kilometer länger ist, dafür aber in eine gut ausgestattete Klinik führt, kann das Leben des Patienten retten.

Daher sollte auch das zweite Argument in Bezug auf die Erreichbarkeit skeptisch betrachtet werden: Patienten führen an, dass nicht nur sie eine längere Anfahrt haben, sondern auch Familie und Freunde länger unterwegs sind. Wenn man sich jedoch auf die Qualität der Versorgung bezieht, sollte der Anfahrtsweg keine Rolle spielen.

Schließung von Krankenhäusern: Besserer Betreuungsschlüssel

Die Studie zur Schließung von Krankenhäusern kommt noch zu einem weiteren Ergebnis: Nicht nur die Notfallversorgung von Akut-Patienten wird besser. Auch Patienten, die eine geplante Operation durchführen lassen, können von der Schließung kleinerer Krankenhäuser profitieren.

Der Grund: Um eine optimale Versorgung der Patienten gewährleisten zu können, fehlen in vielen Kliniken und Krankenhäusern auch Pfleger und Krankenschwestern. Diesem Personalmangel soll durch die Schließung von Krankenhäusern entgegen gewirkt werden.

Das Personal, das in denjenigen Kliniken arbeitet, die geschlossen werden sollen, wird einfach auf die umliegenden Klinken verteilt. So können nicht nur Akut-Patienten mit einem Schlaganfall oder Herzinfarkt von der besseren Betreuung und Versorgung profitieren, sondern auch alle anderen Patienten.

Schließung von Krankenhäusern: Blick ins Ausland

Kurzum, auch ein Blick ins Ausland scheint die Ergebnisse der Studie zu bestätigen. Denn in vielen Ländern der EU gibt es weniger Krankenhäuser als in Deutschland. Die Studienautoren kommen bei einem Vergleich zu dem Schluss, dass die Versorgung in weniger Krankenhäusern auch im Ausland besser ist, als in vielen, teilweise zu kleinen Kliniken in Deutschland. Patienten in einer akuten Notfallsituation, wie beispielsweise einem Schlaganfall, sollten sich also darüber freuen, wenn sich die Zahl der Krankenhäuser in Deutschland verringert.